——男人难啊!
Der Autor:
Herr Walter Krahe, Jahrgang 1956
Fachbereichsleiter in Deutsch als Fremdsprache an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin.
Leiter der Akademie für globale Kommunikation (Insul/Bonn)
Originaler Text:
Bisher passierte Evolution - z.B. die Entwicklung von den ersten Bakterien bis hin zum Menschen -in Schritten, die nicht nur Tausende, sondern sogar Millionen von Jahren dauerten. Die Gene des Menschen sollen sich z.B. in den Letzten 50.000 Jahren trotz der unglaublichen kulturellen Entwicklung nur wenig geändert haben, so behaupten viele Wissenschaftler. Der Mensch begegne den Herausforderungen der Globalisierung also sozusagen mit einer "genetischen Programmierung", die aus der Steinzeit stamme.
Zum Glück aber werden das Leben und die Veränderungen des Menschen nicht mehr nur durch seine biologische Grundlagen bestimmt, sondern auch durch seine geistigen Fähigkeiten. Die große technische Entwicklung könnte man sonst nicht erklären.
Früher führten biologische Veränderungen (z.B. der aufrechte Gang) zu geistigen Entwicklungen (z.B. zur größeren Kreativität beim Werkzeuggebrauch). Heute ist das genau umgekehrt. Geistige Entwicklungen (z.B. medizinische Kenntnisse) führen zu biologischen Entwicklungen (z.B. zur stark verlängerten Lebenszeit). Evolution bedeutet für den Menschen heute meistens erst geistige Evolution, die dann Motor für spätere biologische Veränderungen ist. Zum Beispiel zeigen Untersuchungen von Kindern, die sich täglich mit Computerspielen beschäftigen, sehr deutlich, dass eine Veränderung in der Gehirnstruktur und in der Wahrnehmung stattfindet.
Am Beispiel der vom Menschen selbst verursachten "Klimakatastrophe" kann klar werden, dass biologische Veränderungen heutzutage viel zu langsam und auch nutzlos wären. Der bereits begonnene Anstieg der Meeresspiegel wird beim Menschen nicht zur Bildung von Schwimmhäuten führen, sondern hoffentlich so schnell wie möglich zur Benutzung seiner geistigen Fähigkeiten. Mit ihrer Hilfe kann er schon vor der eigentlichen Katastrophe Gefahren erkennen und sein Verhalten wirkungsvoll ändern. Er muss also vorausschauend handeln.
Genau aber hierin liegt das zentrale Problem des heutigen Menschen. Einerseits hat er sich sehr stark von den engen Grenzen seines früheren "Instinktverhaltens" befreit. Er kann sich gedanklich von konkreten Situationen lösen und inzwischen auch sehr erfolgreich abstrakt über Probleme in Vergangenheit und Zukunft nachdenken. Andererseits führen seine "theoretischen" Erkanntnisse aber bisher leider nur selten zu vernünftigem "praktischen" Handeln. Der Raucher z.B. weiß sehr genau, dass sein Tun gefährlich ist. Sein Wissen bleibt aber oft ohne Konsequenzen. Er raucht weiter. Seiner Gesundheit ist es tragischerweise egal, ob er dieses Verhalten mit Sucht oder mit Genuss erklärt.
Heute ist bekannt, dass ohne Emotionen kein vernünftiges Handeln möglich ist. Die linke Gehirnhälfte ist für das rationale Denken zuständig, die rechte für die Emotionen. Beide Gehirnhälften sind miteinander verbunden. Ist diese Verbindung aufgrund einer Krankheit oder aufgrund eines Unfalls massiv gestört, sind die betroffenen Menschen lebensunfähig. Obwohl diese Patienten logische Aufgaben sehr gut lösen können, können sie sogar die einfachsten Dinge im Leben nicht mehr selbst entscheiden. Ohne Emotionen also keine Entscheidung. Bei Frauen ist diese Verbindung übrigens entwickelter als bei Männern.
Da die Emotionen - meistens unbewusst - stark von biochemischen und neurologischen Vorgängen im Körper beeinflusst werden, folgen auf die Erkenntnisse des Verstandes nicht automatisch vernünftige Handlungen. Um das ändern zu können, ist als erstes Einsicht in diese Zusammenhänge und dann "emotionales Training" zur Weiterentwicklung der sogenannten "emotionalen Intelligenz" unverzichtbar. Der nächste Schritt in der Evolution des Menschen besteht wohl darin, dass Erkenntnissen auch Taten folgen. Das aber kann und muss man üben!
Davon ist natürlich auch die Beziehung von Mann und Frau betroffen. Seit mehr als 200 Millionen Jahren gebären, nähren und pflegen Säugetierweibchen ihre Jungen, während die Männchen ihr Dominanzverhalten im Kampf gegen Rivalen pflegen, um den Weibchen zu gefallen. Auch kümmern sie sich um den Schutz der Gruppe und die Jagd.
Für die Weibchen waren bei der Kinderaufzucht emotionales und soziales Verhalten wichtig. Männchen brauchten Schnelligkeit und körperliche Stärke. Schimpansen-Weibchen benutzen Steine oder Stöcke zum Öffnen von Nüssen. Männchen benutzen sie meist zum Werfen.
Völlig klar ist, dass die Bedingungen in der langen Zeit der Evolution den Menschen biologisch und geistig geprägt haben. Genetisch sind die Unterschiede zwar sehr klein. Auch haben Mann und Frau ungefähr die gleiche Anzahl an Gehirnzellen, aber diese haben eine andere Struktur. Bei der Frau sind die Gehirnbereiche für Sprache, Gefühle, Empathie und Erinnerung stärker ausgeprägt als beim Mann, bei dem die Bereiche für Aktivität, Aggression und Sexualität stärker sind. Heute weiß man, dass auch die unterschiedlichen Konzentrationen des sogenannten weiblichen Geschlechtshormons "Östrogen" und des sogenannten männlichen Geschlechtshormons "Testosteron" große Auswirkungen auf das Gehirn des Menschen und dessen Verhalten haben.
Der Mensch muss einerseits diese Zusammenhänge erkennen und andererseits versuchen, mit der Hilfe seiner geistigen Fähigkeiten nicht länger hilfloser "Sklave" dieser Einflüsse zu sein. Das menschliche Gehirn ist extrem lernfähig und sehr viel flexibler, als es die meisten Menschen glauben bzw. selber sein möchten! Die Starre liegt im Denken.
Die Lebensbedingungen des Menschen haben sich in den letzten zehntausend Jahren vollkommen geändert. Also muss sich auch das Verhalten der Menschen grundlegend ändern. Aber trotz seiner Geistes, - Kultur - und Religionsgeschichte ist die Welt heute kein friedlicher Platz. Meistens sind Männer verantwortlich für Mord, Terror, Krieg und Diktatur. Auch heute noch haben Frauen - die zwei Drittel aller Arbeit auf der Welt erledigen, denen aber nur ca. 1% des weltweiten Eigentums gehört - an fast keinem Ort der Welt die gleichen Chancen wie Männer. 95% der Kriminellen auf der Welt sind Männer. Was muss sich ändern?
Männer müssen ein neues Verhalten entwickeln. Aggressions-, Dominanz- und Kampfverhalten müssen durch viel intelligenteres Verhalten, wie zum Beispiel Kommunikation und Kooperation, ersetzt werden.
Frauen aber sollten lernen, dass auch bei der Wahl des Partners, die fast immer von Frauen bestimmt wird, nicht Äußerlichkeiten wie Stärke und Dominanz, sondern Intelligenz und Sozialverhalten wichtiger sind. Vermutlich schaffen es die meisten Männer erst dann, auf ihr unheilvolles, "dämliches" Balzverhalten zu verzichten.